Kommentar zum Neuen Testament
die Evangelien - Seite 3
Johannes 6,61 f.
61 Da Jesus aber bei sich selbst merkte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: »Nehmt ihr daran Anstoß? 62 Was, wenn ihr nun den Menschensohn dahin auffahren seht, wo er vorher war?«
Der Kontext weist darauf hin, dass Vers 62 Teil einer Rede ist, in der Jesus sich selbst mit dem Manna vergleicht, das GOTT Seinem Volk Israel gab (2. Mose 16,4). Die Tatsache, dass dieses Manna als Brot vom Himmel bezeichnet wird (Vers 31), bedeutet nicht, dass es im buchstäblichen Sinn vom Himmel herabfiel, sondern vielmehr, dass es von GOTT kam. In Maleachi 3,10 finden wir eine ähnliche Formulierung, als GOTT sagt, dass Er die Fenster des Himmels öffnen und Seinen Segen ausschütten werde. Diese Aussage ist eindeutig im übertragenen Sinn zu verstehen. Der versprochene Segen war eine reiche Ernte für GOTTES Volk. So ist auch Christus in dem Sinne göttlichen Ursprungs, als dass GOTT Seinen Heiligen Geist vom Himmel gesandt hat, um Jesus im Mutterleib Marias zu zeugen (Lukas 1,35). Später, nachdem GOTT ihn von den Toten auferweckt hatte, stieg Jesus zum Vater in den Himmel auf (Apostelgeschichte 1,10 f.).
In Johannes 6 bezeichnet sich Jesus als Brot, das vom Himmel herabkommt. Das bedeutet weder, dass Jesus ein Brot im buchstäblichen Sinn ist, noch, dass er wörtlich vom Himmel auf die Erde herabgekommen ist. Ebenso müssen die Aussagen Jesu, sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken (Johannes 6,51-56), sinnbildlich verstanden werden. Unter Juden kommt alles, was bei GOTT vorherbestimmt ist, vom Himmel. Als das, was GOTT durch Seine Propheten über den Messias voraussagen ließ, in der Person Jesu Wirklichkeit wurde, konnte man im übertragenen Sinn sagen, dass Jesus vom Himmel herabgekommen ist (1. Petrus 1,20), denn der Messias ist der Segen für GOTTES Volk.
Die Aussagen, dass Jesus das Brot sei, das vom Himmel kommt, bedeuten, dass er von GOTT gesandt wurde, um den Menschen geistliche Speise, womit GOTTES Wort gemeint ist, zu geben, damit sie das Ewige Leben empfangen. Das Ewige Leben ist wiederum eng mit der Auferstehung der Toten verknüpft, von der Jesus ebenfalls mehrfach im Johannesevangelium spricht. Das Wort aufsteigen (altgr.: anabainō) kann sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn verstanden werden. Es ist dasselbe Wort, das im Zusammenhang mit Jesu Taufe gebraucht wird (Matthäus 3,16). Die Taufe wiederum ist ein Symbol für Tod und Auferstehung. In Matthäus 20,17 wird es verwendet, als Jesus nach Jerusalem aufzog. Auch in Offenbarung 8,4 erscheint dasselbe Wort in Verbindung mit dem aufsteigenden Rauch. Ebenso kann es auch für das Aufsprossen von Pflanzen aus dem Boden gebraucht werden (Matthäus 13,7) sowie für Gedanken, die im Geist entstehen (Lukas 24,38). Darüber hinaus wird es auch in Bezug auf die Himmelfahrt Jesu zu GOTT, dem Vater verwendet (Johannes 20,17).
Bezieht man Vers 62 auf die Auferstehung Jesu, könnte mit der Aussage wo er vorher war nicht der Himmel, sondern der Ort unter den Lebenden gemeint sein. Im Zusammenhang mit Jesu Himmelfahrt wäre seine Bedeutung, dass Jesus dahin zurück kehrt (zu GOTT), wo er seinen Ursprung hat (bei GOTT). GOTT zeugte Jesus durch Seinen Geist und nimmt ihn nach dessen Verherrlichung bei sich auf. Oder anders ausgedrückt: Jesus kam als Same GOTTES vom Himmel herab und geht als verherrlichter Mensch zu GOTT zurück. Der Himmel (da, wo GOTT ist) ist im übertragenen Sinn Ausgangsort und Ziel Jesu. Über die Gläubigen heißt es in Philipper 3,20, dass ihre Heimat im Himmel (bei GOTT) ist, obwohl kein Gläubiger jemals dort gewesen ist. In Epheser 2,19 steht, dass die Heiligen GOTTES Hausgenossen sind. In Johannes 17,16 sagt Jesus über seine Jünger, dass sie nicht von dieser Welt sind, genauso wie Jesus nicht von dieser Welt ist. Das Wort Himmel bezieht sich demnach auf die geistliche Heimat und Zugehörigkeit einer Person.
Auf die Frage Jesu, für wen ihn seine Jünger hielten, antworte Petrus, dass Jesus der Christus, der Sohn des lebendigen GOTTES sei. Offensichtlich wusste Petrus sehr wohl zwischen dem lebendigen GOTT und Seinem Christus zu unterscheiden (Matthäus 16,13-16). Er glaubte nicht, dass GOTT leibhaftig in der Person des Messias vor ihm steht. Eine sinngemäße Übersetzung lautet:
61 Da Jesus aber bei sich selbst merkte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: »Darüber ärgert ihr euch? 62 Was werdet ihr erst sagen, wenn ihr den Menschensohn zu dem aufsteigen seht, der ihn (durch den Heiligen Geist) gezeugt hat?«
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Johannes 6,64
64 Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde.
Der Kontext zeigt, dass das Wort Anfang (altgr.: archē) hier nicht den Anfang der Schöpfung meint, sondern einen bestimmten Zeitpunkt beschreibt. GOTT schuf die Menschen am Anfang (archē) als Mann und Frau, obwohl Adam und Eva erst am sechsten Schöpfungstag gemacht wurden. Johannes schreibt, dass es am Anfang (archē) Augenzeugen gab. Auch hier bezieht sich Johannes nicht auf den Beginn der Schöpfung, sondern des Lebens und Wirkens Jesu (Lukas 1,2 f.). Desweiteren heißt es, dass die Jünger von Anfang an (archē) bei Christus waren. Hier geht es um das öffentliche Wirken des Messias (Johannes 15,27). Die Gabe des Heiligen Geistes wurde Petrus und den Aposteln am Anfang (archē) zuteil. Gemeint ist der Beginn des Zeitalters der Gemeinde am Pfingsttag (Apostelgeschichte 11,15).
Jesus wusste bereits, wer ihn verraten würde, bevor er seine zwölf Jünger erwählte. Da GOTT allwissend ist und alles vorhersehen kann, zeigte Er Jesus, wen er zu seinen Jüngern machen sollte. Denn damit sich die Schrift im Hinblick auf das Leiden des Messias erfüllen konnte, musste einer der Jünger ihn später verraten. GOTT gab Jesus grundsätzlich immer alle wichtigen Informationen, die er für seinen Dienst benötigte, im Vorfeld. Dies zeigt die enge Verbindung zwischen GOTT, dem Vater und seinem menschlichen Sohn; jedoch keinesfalls, dass Jesus GOTT ist.
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Johannes 8,23
23 Ihr seid von unten, ich bin von oben; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.
Das Wort Welt (altgr.: kosmos) hat in der Bibel verschiedene Bedeutungen. Es kann sich auf die physisch-materielle Welt (die Erde) sowie auf die von GOTT abgefallene, sündige Gesellschaft und damit alles, was im Widerspruch zu GOTTES Willen steht, beziehen. Das Wort unten (altgr.: katō / katōterō) ist mit dem Herrschaftsbereich Satans, des Teufels verknüpft. Dieser steht für Finsternis, Lüge, Sünde und Tod. Hier ist keine Unterwelt gemeint. Im Kontrast dazu steht das Wort oben (altgr.: anō), womit sinnbildlich der Himmel und damit der Herrschaftsbereich GOTTES gemeint ist. Dieser wiederum steht für Licht, Wahrheit, Liebe und Leben. In Vers 23 geht es um Gesinnung. Jesus zeigt den Unterschied zwischen den Pharisäern, die überwiegend fleischlich dachten und handelten zu sich selbst auf. Im Gegensatz zu ihnen hatte Jesus ein reines Herz. Er redete und handelte immer geistlich bzw. göttlich (Mt 16,23). In Johannes 8,44 verschärft Jesus seine Aussage, indem er Satan den Vater der Juden nennt und damit die Juden, die mit Jesus stritten, als Kinder des Teufels bezeichnet. An anderen Stellen nennt Jesus die Pharisäer Schlangenbrut, was sich ebenfalls auf den Teufel gemeint bezieht (Matthäus 23,22). GOTTES Reich und die Welt sind zwei gegensätzliche Bereiche, die miteinander unvereinbar sind. In Johannes 17,14 gebraucht Jesus die Formulierung nicht von dieser Welt auch in Bezug auf seine Jünger. In Kolosser 3,2 ermahnt Paulus die Gläubigen, nach dem zu trachten, was oben (anō) ist. Dies zeigt, dass hier keine Präexistenz an einem anderen Ort gemeint ist, sondern die innere Geisteshaltung, die dem Wesen und Willen GOTTES entspricht. Eine sinngemäße Übersetzung des Verses lautet:
23 Ihr seid fleischlich / teuflisch gesinnt, ich bin geistlich / göttlich gesinnt. Ihr lebt / handelt / urteilt nach weltlichen Maßstäben, ich tue es nicht.
Röm 12,2 / Gal 6,14 / Jak 1,27 / Jak 4,4 / 2. Pet 1,4 / 1. Joh 2,15-17 / 1. Joh 4,4 / 1. Joh 5,4 f.
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Johannes 8,24
24 So habe ich euch gesagt, dass ihr sterben werdet in euren Sünden; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr in euren Sünden sterben.
In Johannes 20,31 nennt Johannes den Zweck des Evangeliums: Es geht darum, zu glauben, dass Jesus der Christus (= der Gesalbte bzw. der Sohn GOTTES) ist. Die Begriffe Christus und Sohn GOTTES haben ein und dieselbe Bedeutung (Lukas 22,67-70). Hier geht es nicht darum, an die vermeintliche Gottheit des Herrn Jesus zu glauben, sondern dass er der von GOTT verheißene messianische König und Erlöser ist und dass in ihm allein das Heil der Menschheit liegt (Apostelgeschichte 4,12). Wenn jemand dies nicht glaubt, so muss er in seinen Sünden sterben, da ein Mensch nur durch den Glauben an Jesus die Vergebung seiner Sünden empfangen kann (Kolosser 1,14). Wer daher Jesu Sühnopfer ablehnt, für den gibt es folglich keine Rettung. In Johannes 4,25 f. gebraucht Jesus dieselbe Formulierung, um der Frau am Jakobsbrunnen zu offenbaren, dass er der Messias (nicht GOTT) ist. In Markus 14,61 fordern die Juden Jesus auf, zu bekennen, dass er der Christus (nicht GOTT) ist. Petrus bekannte in Mt 16,16, dass Jesus der Christus und Sohn des lebendigen GOTTES (nicht GOTT) ist. Dasselbe tat auch Martha in Johannes 11,27.
Aus den Evangelien geht klar hervor, dass keiner der Menschen damals glaubte, dass der Messias GOTT selbst sei. Jeder wusste, dass der Erlöser Israels ein von GOTT gesalbter König ist, der auf Davids Thron sitzen und für alle Zeit über GOTTES Reich regieren sollte. Jesus ist der Christus; nicht GOTT. Eine verständliche Übersetzung lautet:
24 So habe ich euch gesagt, dass ihr sterben werdet in euren Sünden; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich der Messias (euer Erlöser) bin, gibt es für euch keine Rettung.
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Johannes 8,56-58
56 Abraham, euer Vater, wurde froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.« 57 Da sprachen die Juden zu ihm: »Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?« 58 Jesus sprach zu ihnen: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich.
Wie im gesamten Johannesevangelium geht es auch in diesem Abschnitt darum, dass Jesus der Messias / der Christus (nicht GOTT) ist (Johannes 10,22-26). Über Abraham gab es vor dessen Geburt keine Prophezeiung in der Heiligen Schrift. Dass jedoch eines Tages der Messias kommen würde, der GOTTES Königsherrschaft wiederherstellen sollte, hat GOTT bereits Adam und Eva kurz nach dem Sündenfall offenbart (1. Mose 3,14 f.). Auch seinem Knecht Abraham gab GOTT diese Offenbarung, indem Er Jesu Tag, d.h. das Kommen des Messias sehen ließ. Darauf reagierte Abraham mit Freude (Vers 56). Jesus sagte nicht, dass er Abraham gesehen hätte, wie es die Juden annahmen (Vers 57) und damit Jesu Worte verdrehten. Der Dialog mit den Juden zeigt, dass sie Jesu Worte nicht verstanden, weil ihnen die göttliche Einsicht fehlte. Dies hatte zur Folge, dass sie viele seiner Aussagen missinterpretierten. Den gesetzeskundigen Juden war bewusst, das der Messias GOTTES eine höhere Stellung hat als alle Patriarchen und Propheten vor ihm. Doch weil die Juden nicht glaubten, dass Jesus der Messias ist, empfanden sie seine Worte als unverschämte Anmaßung (Vers 53). Für sie war Jesus ein Verrückter, der vermeintlich von einem Dämon besessen war (Verse 48-52).
In Vers 58 verwendet Jesus die Worte ego eimi. An allen Stellen, wo diese im Zusammenhang mit Jesus ohne Verbindung zu einem Adjektiv oder Substantiv erscheinen, werden sie mit bin ich's / bin ich es (nicht "bin ich") wiedergegeben (Lukas 22,70 / Johannes 4,26 / Johannes 8,24 / Johannes 18,4-8). Dabei beziehen sie sich immer und ausschließlich auf Jesu Identität als Messias, wie der jeweilige Kontext erkennen lässt; nirgends jedoch auf eine zeitliche Vorexistenz, wie es Trinitarier behaupten. Johannes 8 stellt hier keine Ausnahme dar. Mit der Aussage ehe Abraham wurde, bin ich es erklärt Jesus, dass GOTT ihn in Seinem ewigen Ratschluss bereits zum Messias bestimmt hatte, bevor Abraham geboren wurde. Ehe Jesus tatsächlich existierte, war er bereits als Retter der Menschheit auserkoren (Offenbarung 13,8). Damit stand Jesus größere Ehre zu als Abraham. Da Abraham als Stammvater Israels ein hohes Ansehen unter den Juden hatte und noch heute eine bedeutende Persönlichkeit ist, fassten die Juden die Aussage Jesu als Herabwürdigung ihres Vaters Abraham auf, was das Fass in dem ohnehin schon aufgeheizten Gespräch endgültig zum Überlaufen brachte. Darum hoben sie Steine auf, um Jesus zu steinigen (Vers 59). Eine sinngemäße Übersetzung lautet:
56 Abraham, euer Vater, wurde froh, dass ihm mein Kommen (prophetisch) gezeigt wurde, und darüber freute er sich.« 57 Da sprachen die Juden (die Jesu Worte nicht verstanden) zu ihm: »Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?« 58 Jesus sprach zu ihnen: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham (geboren) wurde, bin ich schon zum Messias bestimmt.
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Johannes 10,17 f.
17 Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wiederzunehmen. 18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wiederzunehmen. Dieses Gebot habe ich empfangen von meinem Vater.
Die Bibel lehrt, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Genauer gesagt war es GOTT, der Jesus von den Toten auferweckt hat. Die Macht, vom Tod aufzuerstehen, kam nicht von Jesus selbst. Mit anderen Worten: Weil GOTT, der Vater Jesus auferweckt hat, konnte Jesus auferstehen. In diesem Vers erklärt Jesus, dass er sein Leben von GOTT zurückerhalten würde. Das griechische Wort lambanō bedeutet nehmen oder empfangen. In Vers 18 sagt Jesus, dass er das Gebot vom Vater empfangen (lambanō) hat. Das griechische Wort exousia kann Macht / Gewalt sowie Recht / Vollmacht bedeuten. GOTT gab Jesus das Recht bzw. die Vollmacht, von den Toten aufzuerstehen. Jesus war bereit, sein Leben freiwillig niederzulegen / zu lassen (altgr.: tithēmi), weil er wusste, dass GOTT ihm zugesichert hatte, dass Er ihn vom Tod befreien würde. Weil Jesus dem Willen seines Vaters gehorsam war, liebte ihn der Vater. Denn durch seinen eigenen Tod konnte Jesus Sühnung für die Sünden der Menschen schaffen. Darüber hinaus bescheinigt das Neue Testament, dass Jesus tot war. Ein Toter kann sich nicht selbst auferwecken. Jesus lebte zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung nicht als GOTT oder als körperlose Seele weiter. Die Apostel bezeugen, dass GOTT Jesus als ganze Person auferweckte und nicht nur seinen toten Leib. Es war GOTT, der Vater, der den menschlichen Sohn wieder lebendig machte (Epheser 1,18-21). Die richtige Übersetzung lautet daher:
17 Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wiederzuempfangen. 18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es freiwillig. Ich habe das Recht, es zu lassen, und habe das Recht, es wiederzuempfangen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen.
Apg 2,24 + 32 / Apg 3,15 / Apg 4,10 / Apg 5,30 / Apg 10,40 / Apg 13.30 / Röm 10,9 / 1. Kor 6,14 / Gal 1,1 / Eph 1,19 f. / Kol 2,12
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Johannes 10,29 f.
29 Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann es aus der Hand des Vaters reißen. 30 Ich und der Vater sind eins.
In diesem Zitat geht es um geistliche Einheit. In 1. Korinther 3,8 verwendet Paulus dasselbe Wort für eins (altgr.: heis), indem er schreibt, dass er und Apollos eins sind. Hier geht es nicht um dieselbe Wesenheit, sondern darum, dass beide für dasselbe Ziel arbeiten. Genauso verfolgten auch Jesus und GOTT, der Vater immer dieselben Absichten. Jesus war eins (heis) mit dem Willen GOTTES. Das bedeutet, dass Jesus dem Vater in allem gehorsam war und tat, was der Vater vom ihm verlangte (Johannes 5,30 / Johannes 8,29). Genauso, wie Jesus und der Vater eins (heis) sind, so sollen auch die Gläubigen eins (heis) sein (Johannes 11,52 / Johannes 17,11 + 21 f.). Jesus betete, dass alle seine Jünger eines Sinnes seien und dasselbe Ziel verfolgen mögen, so, wie er und GOTT. Das gemeinsame Ziel, dass GOTT und Jesus in Vers 30 verbindet, besteht darin, die Schafe zu beschützen, damit niemand sie zu Fall bringt.
In Johannes 14,28 erklärt Jesus, dass der Vater größer (altgr.: meizon) ist als er. Das bleibt Er auch nach Jesu Auferstehung (1. Korinther 3,11 / 1. Korinther 15,27 f. / Offenbarung 3,12). Dies zeigt, dass der Vater größere Macht besitzt als Jesus und über ihm steht. Der Sinn des eins-seins in diesem Vers ist derselbe wie im heutigen Sprachgebrauch, wenn man davon spricht, dass zwei oder mehrere Personen eins sind. Eine sinngemäße Übersetzung von Vers 30 lautet:
30 Ich und der Vater sind eines Sinnes / agieren als Einheit.
30 Ich und der Vater arbeiten zusammen (für dasselbe Ziel).
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Johannes 12,37-41
Jesaja 6,9 f. / Jesaja 53,1
37 Und obwohl er solche Zeichen vor ihren Augen getan hatte, glaubten sie doch nicht an ihn, 38 auf dass erfüllt werde der Spruch des Propheten Jesaja, den er sagte: »Herr, wer glaubt unserer Predigt? Und wem ist der Arm des Herrn offenbart?« 39 Darum konnten sie nicht glauben, denn Jesaja sagte wiederum: 40 »Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verstockt, dass sie mit den Augen nicht sehen noch mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich ihnen helfe.« 41 Das sagte Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete.
Hier werden zwei verschiedene Prophezeiungen aus dem Alten Testament zitiert. Zum einen Jesaja 53,1 und zum anderen Jesaja 6,9 f.. In Jesaja 6 sieht der Prophet Jesaja in einer Vision GOTT in physischer Erscheinung auf Seinem Thron sitzen. Jesaja 53 handelt vom Messias als dem Gottesknecht, der für die Sünden der Menschen leidet. Insgesamt finden sich im Buch Jesaja zahlreiche Prophezeiungen über den Messias (Jesaja 9,6 f. / Jesaja 11,1 / Jesaja 16,5 / Jesaja 32,1 / Jesaja 42,1-7 / Jesaja 49,1-7 / Jesaja 50,4-9 / Jesaja 52,12-15 / Jesaja 53,1-12 / Jesaja 55,4 f. / Jesaja 61,1 f. u.a.). In allen diesen Prophezeiungen unterscheidet Jesaja ausdrücklich zwischen GOTT und dem Messias.
An sämtlichen Stellen im Neuen Testament, wo Bezug auf alttestamentliche Prophezeiungen über den Messias genommen wird, wird der entsprechende Abschnitt jedes Mal vollständig zitiert (Matthäus 2,6 / Matthäus 2,17 f. / Matthäus 2,13-15 / Matthäus 2,23 / Matthäus 4,12-16 / Johannes 2,15-17 u.a.). Der Autor des Johannesevangeliums zitiert jedoch ausschließlich die Verse 9 + 10 aus Kapitel 6 sowie Vers 1 aus Kapitel 53. Es ist also naheliegend, dass nur diese Verse für die Aussagen von Johannes von Belang sind. Die Aussage diese Dinge (Joh 12,41) bezieht sich auf beide Zitate; nicht nur auf das zweite Zitat aus Jesaja 6. Denn Johannes schreibt, dass er (Jesaja) diese Dinge sagte. In Jesaja 6,9 f. jedoch ist es GOTT, der spricht, und nicht Jesaja. Der Ausspruch aus Jesaja 6,9 f. stammt zwar von GOTT, doch geht es um den Unglauben Israels und die Ablehnung der von GOTT gesandten Botschaft im Zusammenhang mit dem Messias. Wie es zu Jesajas Zeiten war, so würde es auch zu Jesu Zeiten sein. Trotz wundersamer Zeichen, die Jesus unter den Juden tat, glaubten sie nicht an ihn. Johannes zitiert einen Teil aus Jesaja 6 und wendet ihn auf den Unglauben der Juden gegenüber Jesus an; ähnlich wie Paulus in Römer 10,16. Hier geht es nicht um die Vision an sich. Die Aussage, dass Jesaja seine Herrlichkeit (altgr.: doxa) sah, kann sich sowohl auf die Herrlichkeit GOTTES in Jesaja 6 als auch auf die Herrlichkeit des Messias beziehen, die GOTT Seinen Knecht Jesaja in verschiedenen Offenbarungen sehen ließ. Für die erste Variante spricht, dass beide Zitate von GOTT handeln. Folglich müssen auch die beiden Wörter Er (Vers 40) und Herr (Vers 38) auf GOTT bezogen werden statt auf Jesus. Herrlichkeit (Vers 41) kann somit auch mit GOTT verknüpft werden. In diesem Fall wären die Verse 38-41 ein Einschub, obwohl es im Kontext um Jesus geht.
Für die zweite Variante spricht, dass sich eine ähnliche Aussage in Johannes 8,56 findet, wo es heißt, dass Abraham den Tag des Messias sah. Johannes schreibt nicht, dass Abraham den Messias leibhaftig sah, sondern lediglich dessen Tag, d.h. das Kommen des Messias. Dass Jesaja die Herrlichkeit des Messias sah, muss ebenfalls nicht buchstäblich verstanden werden, sondern im Sinne einer Vorausschau künftiger Ereignisse, wie sie in den Prophezeiungen Jesajas beschrieben sind. Das Wort Herrlichkeit kann sich sowohl auf die vielen Zeichen und Wunder beziehen, durch die GOTT den Messias verherrlichte als auch auf sein Martyrium und seine Auferstehung von den Toten (Johannes 7,39 / Johannes 12,23 / Johannes 17,5 / Apostelgeschichte 3,13 / 1. Petrus 1,11). Daher lässt sich der Ausdruck Arm des HERRN (Jesaja 6,9) mit Jesus verbinden, da Jesus der Gesandte ist, durch den GOTT Seinen Erlösungsplan in die Tat umsetzt.
Jesaja 6 ist die einzige Stelle, wo Jesaja GOTT visuell sieht. Das Wort, das dort im Hebräischen für sehen verwendet wird, lautet râ'âh. An allen anderen Stellen, wo sehen im übertragenen Sinn zu verstehen ist, steht das hebräische Wort châzâh. Weil Johannes in Vers 41 schreibt, dass Jesaja seine Herrlichkeit sah, wird geschlussfolgert, dass Jesus GOTT ist, von dem Jesaja in Jesaja 6 spricht. Dagegen ist einzuwenden, dass Johannes höchstwahrscheinlich aus der altgriechischen Version des Alten Testaments – der Septuaginta – zitiert und nicht aus dem Masoretischen Text, der in hebräischer Sprache verfasst ist. Im Altgriechischen gibt es ebenfalls zwei verschiedene Wörter für sehen; nämlich eidō und horaō. Beide Wörter können das buchstäbliche Sehen mit den Augen oder ein verstehendes / erkennendes Sehen meinen. In Jesaja 6, wo Jesaja GOTTES Erscheinung mit den Augen sieht, wird das Wort eidō verwendet. Dasselbe Wort finden wir auch in Hesekiel 1,1 / Amos 1,1 / Micha 1,1 / Habakuk 1,1, obwohl dort das Sehen im übertragenen und nicht im physischen Sinn gemeint ist. In Johannes 8,56 kommen sogar beide griechische Wörter in einem Satz vor. Damit zeigt dieser Vers, dass eidō und horaō austauschbar verwendet werden können. In allen Visionen, in denen GOTT sichtbar erscheint, sieht man nur den Thron mit GOTT oder mit einer weiteren Person rechts neben Ihm (Matthäus 22,41-44 / Apostelgeschichte 7,56 / Offenbarung 7 + 8).